Mohnwand, Aufbruch

Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern und den Moment, als ich aufstand, das Café hinter mir ließ, den Blick von dem kleinen Hafen mit den Booten in der Sonne wandte und den Weg hochzog, bis mich plötzlich das Rot festhielt. Ich hatte noch den Geschmack im Mund von Ostseehering, auf dem dicke Salzkörner lagen und Zwiebeln, eine einprägsame Anordnung des sonst gänzlich unauffälligen Cafés im Hafen von Kåseberga, die ich bis heute noch genau aufmalen könnte, wenn ich malen könnte – des Geschmacks und der Rustikalität der Szenerie wegen. Salz, tanghaltige Seeluft, ein kühler, werdender Tag mit einer kämpfenden Juli-Sonne. Dazu mein Hunger nach all den vergeblichen Versuchen, in Ystad ein gescheites Frühstück zu finden.

Es war eine Poesie der Deftigkeit, aus der ich heraus ich den Weg erklommt, bis dieses Rot da war und ihn versperrte: die Flanke eines Dünenhügels über einer Hütte, aber und aber bewachsen mit Klatschmohn, dem ersten, den ich in diesem Jahr sah.

Rot gibt es in Schweden oft mehrfach an einem Platz. Führend ist meist das Falunrot an den Häusern, das man dem Kupferbergbau in der gleichnamigen Stadt zu verdanken hat. Farbführer war hier jetzt aber ein durchdringendes, tiefes Mohnblumenrot neben dem dunkleren Falunrot des Hauses und dies alles noch vor einem kurz zuvor jäh aufgerissenen, hellblauen Himmel, in den ich seit seinem ersten Anglimmen am Morgen begeistert hineinreisen wollte.

Nach dem Bad im Rot war ich noch mehr aufgeladen von der Reise, wäre auch bereit gewesen zu fliegen und hätte dafür Platz auch auf einer dunkleren Wolke genommen, um möglichst schnell weiterzukommen – in Richtung Norden, der Farben wegen.

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